Die Kraft unserer Urteile und Gedanken

Kennst du das? Du willst Nein sagen, aber da ist eine innere Stimme, die dich zweifeln lässt. In meiner Trainerausbildung zur Gewaltfreien Kommunikation haben wir uns genau mit diesem Thema auseinandergesetzt: Warum fällt es manchen von uns oft so schwer, ein NEIN auszusprechen oder zu unserer Entscheidung zu stehen?

Wir haben einen Selbst-Klärungs-Prozess entwickelt, der uns hilft, diesen Herausforderungen auf den Grund zu gehen. Ein zentraler Punkt dabei: die Kraft unserer eigenen Gedanken und Urteile.

Gedanken und Urteile würdigen

Oft neigen wir dazu, unsere Gedanken und Urteile zu unterdrücken. Vielleicht denkst du:

  • „Darf ich mir so viel Raum geben?“
  • „Ich möchte doch auch meinen Partner, meine Kollegin, meine Familie unterstützen!“
  • „Darf ich so egoistisch sein?“

Diese Gedanken können uns ins Zweifeln bringen und uns regelrecht an uns selbst nagen lassen. Begleitet werden sie häufig von Gefühlen wie Trauer, Schuld, Scham oder Ärger. Doch was passiert, wenn wir diese Gedanken und Gefühle unterdrücken? Sie bleiben in uns, werden intensiver und beginnen, uns zu dominieren.

Das kann Folgen haben wie:

  • Entscheidungen werden nicht getroffen.
  • Wir entscheiden uns „gegen uns selbst“.
  • Wir fragen uns: „Bin ich es überhaupt wert?“

Der erste Schritt: Anerkennung

Eine der für mich erhellendsten Erkenntnisse aus diesem Wochenende war, dass es nicht nur okay, sondern notwendig ist, diese Urteile und Gedanken bewusst wahrzunehmen. Sie wollen gesehen und gehört werden – genauso wie unsere Gefühle. Es gibt einen guten Grund, warum wir so denken, warum diese Urteile entstehen. Und genau hier beginnt der Prozess: bei der Anerkennung.

Warum Anerkennung so wichtig ist

Indem wir unsere Gedanken zulassen und würdigen, geben wir uns selbst Raum. Wir schaffen Klarheit darüber, was in uns vorgeht, und können so besser verstehen, warum uns ein Nein manchmal so schwerfällt. Wenn wir diesen Raum nicht schaffen, handeln wir oft aus einem inneren Konflikt heraus – und das fühlt sich selten stimmig an.

Ein Beispiel aus der Praxis

Stell dir vor, du wirst gefragt, ob du zusätzlich zu deinen Aufgaben ein Projekt übernehmen kannst. Dein erster Impuls sagt Nein, weil dein Terminkalender bereits prall gefüllt ist. Doch dann kommen die Gedanken:

  • „Ich will doch niemanden enttäuschen.“
  • „Vielleicht denke ich nur an mich und bin egoistisch.“

Wenn du diese Gedanken ignorierst, sagst du möglicherweise Ja – obwohl du tief in dir weißt, dass es dich überfordern wird. Lässt du die Gedanken jedoch zu, kannst du sie hinterfragen und verstehen. Vielleicht stellst du fest, dass dein Nein ein Akt der Selbstfürsorge ist und dass es Möglichkeiten gibt, dein Nein klar und empathisch zu kommunizieren.

Fazit: Deine Gedanken sind der Schlüssel zu neuen Wegen

Unsere Gedanken und Urteile sind oft der Schlüssel, um Zugang zu unseren tieferliegenden Bedürfnissen zu finden. Was auf den ersten Blick negativ erscheint – diese Zweifel, die innere Kritik – birgt die Chance, genauer hinzuschauen: Was genau steckt dahinter? Was ist mir wirklich wichtig? Wenn wir diese Gedanken nicht nur akzeptieren, sondern als Wegweiser nutzen, können wir einen neuen Raum eröffnen.

In diesem Raum kann sich der Fokus verschieben: Weg von „So darf ich nicht denken“ hin zu „Was könnte ich noch tun?“. Indem wir unsere Bedürfnisse erkennen, können wir in die Selbstoffenbarung gehen, für uns einstehen und Verbindungen aufbauen – sei es zu uns selbst oder zu anderen.

Das ermöglicht Gespräche, die Konflikten neue Sichtweisen entgegensetzen und uns helfen, kreative Strategien zu entwickeln. Vielleicht finden wir dadurch Lösungen, die uns vorher nicht bewusst waren. Denn oft führt der Weg, der bei einem scheinbar schwierigen Gedanken beginnt, zu einer stärkeren Klarheit und einer neuen Freiheit, die wir vorher nicht für möglich gehalten hätten.

Je mehr wir üben, unsere Gedanken und Urteile anzunehmen, desto leichter wird es, nicht nur Nein zu sagen, sondern Ja zu uns selbst – und gemeinsam mit anderen neue Wege zu entdecken.